Liebe Leser, in diesem Jahr werden wir Euch nicht mit unseren eigenen Beiträgen erfreuen. Wir werden regelmäßig Experten zu Wort kommen lassen und den Anfang macht heute
Fabian Westerheide, ein Unternehmer und Investor zu einem sehr spannenden Thema: Braucht Startup ein Venture Capital, und wenn ja, wann.
Here we go, Fabian hat das Wort:
Eine Venture Capital (‚VC’) Finanzierung ist ein großer Schritt, den nicht viele Startups erreichen. Es ist wie ein Ritterschlag, denn nach einer erfolgreichen Finanzierung sinkt die Quote an Pleiten deutlich. Sagt man, dass 99 % aller Startups scheitern, ist die durchschnittliche Ausfallquote von VC unterstützten Unternehmen nur noch um die 30 %.
Aus Engeln können schnell Teufel werden Wieso ist das so? Und wer kommt für Venture Capital in Betracht?
Lass uns vorab kurz auf die unterschiedlichen Finanzierungsphasen für Startups eingehen. Zuerst kommt die Idee. Entweder man hat gleich am Anfang etwas Kapital im Team, oder ein Kunde bezahlt einen für ein noch zu entwickelndes Produkt. Ohne Geld geht leider nicht viel. Daher wäre die erste Möglichkeit sich Zuschüsse zu holen wie ein EXIST Stipendium oder ProFit. Business Angels (‚BAs’) sind auch eine gute Möglichkeit für erstes Geld. Diese "Engel" können einem zwischen 10.000 € und in anderen Fällen auch mehrere hunderttausend Euro geben. Hier empfehle ich darauf zu achten, dass diese Geldgeber verstehen, was eure Vision ist und euch mit Wissen und Rat zur Seite stehen können. Denn sonst kann in Krisenzeiten aus Engel auch schnell der Teufel werden.
Idee und Team zählt für Business Angels Der Vorteil an BAs ist, dass diese oft informell agieren. Geld wird schnell überwiesen. Die Anforderungen an das Produkt sind oft nicht so hoch. Team und Idee zählt.
Wie kommt man an Business Angels? Nun aus dem persönlichen Netzwerk, oder Veranstaltungen. Es gibt keinen klaren Weg, denn BAs sind selten organisiert und haben keine Webseiten.
Venture Capital finanziert Geschäftsmodelle und Wachstum Nun zu Venture Capital. Hier gibt es alle möglichen Anbieter. Firmen wie Point Nine Capital investieren bereits ab ein paar Hunderttausend Euro. Andere wie Acton Capital wollen von Anfang an mehrere Millionen unterbringen. Daher braucht es für jede Phase den richtigen Investor. Und wann ist diese Phase erreicht? Nun in erster Linie investieren VCs in Geschäftsmodelle. Dies bedeutet das aus eurer Idee bereits ein Produkt geworden ist und idealerweise habt ihr mit dem Produkt sich erstes Feedback vom Markt. Dies nennen wir Proof of Concept. das können zahlende Kunden; Sign ups, Vorbestellungen oder Downloads sein. Dieser Faktor hängt natürlich von eurer Industrie ab. Die Anforderungen an Software Startups sind andere als an Hardware Unternehmen.
Jedenfalls wollen VCs Wachstum finanzieren. Die Investoren möchten einsteigen, wenn ihr gerade dabei seid zu skalieren. Skalieren heißt, ihr habt herausgefunden mit welchem Hebel ihr am schnellsten den Markt erobern könnt. Der übliche Begriff dafür ist „Hockey Stick“.
Venture Capital = Geld + Netzwerk + Wissen Mit Venture Capital bekommt ihr mehr als nur Geld. Obendrauf bringen VCs oft Expertise mit. Investoren sehen Tausende Startups im Jahr. Sie wissen sehr gut, wie verschiedenen Beteiligungen funktionieren und welche Fehler zu vermeiden sind. Gründer können von diesem Wissen enorm profitieren. Zwar hat der VC selten operative Fachkenntnisse, dafür jedoch einen sehr guten horizontalen Marktüberblick. VCs können euch interessante Kontakte zu Entwicklern, Produktdesigner oder Folgeinvestoren verschaffen. Auch ist der Grad der Betreuung recht professionelle, denn ein VC macht den ganzen Tag nichts anders als sich um seine Investments zu kümmern.
Investoren erhalten Hunderte Emails jeden Tag – und alle wollen Geld Doch wie spricht man institutionelle Investoren an? Am besten siehst du es wie einen Vertriebsprozess. Zuerst findest du heraus, welche Investoren überhaupt zu dir passen. Dies hängt davon ab, wo dein Büro ist, wie viel Geld du brauchst und in welchem Markt du aktiv bist. Es gibt Tausende Venture Capital Firmen weltweit, doch meistens sind davon nur Dutzende relevant für dich. Jeder Investor hat einen Schwerpunkt, einen regionalen Focus und eine Zielgröße für Investments. Sobald du also deine Investoren identifiziert hast (dafür empfehle ich Gruenderszene.de, Angelist und Crunchbase), suchst du nach gemeinsamen Kontakten. Versuch es zu vermeiden, dem Investor einfach eine Email zu schicken. Investoren bekommen jeden Tag Hunderte Emails, du wärest nur eine von vielen. Im Idealfall gibt es einen gemeinsamen Bekannten, der dich einem Partner vorstellen kann. Dies kannst du rasch über Linkedin, Xing und Facebook prüfen. Falls du Niemanden kennst, dann probiere es auf über Twitter oder besuch eine Konferenz, wo die Investoren vor Ort sind.
VCs wollen einen proof-of-concept sehen Bedenke: Ein durchschnittlicher VC sieht 1.000 Firmen im Jahr. Davon erhalten im Schnitt zehn Startups Kapital. Daher ist es wichtig, worauf Investoren anfangs achten. Kurz gesagt, Markt, Produkt, Team und Traction.
Der Markt muss groß genug sein, üblicherweise > 1 Mrd €. Das Produkt braucht ein klares Geschäftsmodell. Das Team sollte nur aus A-Playern bestehen. Und Traction bedeutet, ihr könnte dies alles bereits im kleinen Maßstab beweisen.
Über den Autor
Fabian Westerheide ist Unternehmer, Investor, Redner und vermutlich einiges mehr. Es macht ihm Spaß, Wissen zu teilen und junge Unternehmer zu unterstützen. Mit
Asgard Capital investiert er in junge Startups aus dem Bereich Robotics, AI und Internet of Things. Sein Unternehmen
Wunsch-Brautkleid.de ist einer der führenden Marktplätze für Brautkleider in Europa.
Fabian kennt die Welt der Investoren und Gründer. Während seiner Zeit bei Team Europe und Point Nine Capital hat er eine Vielzahl von Startups bewertet und zahlreiche Gründungen, wie zum Beispiel DeliveryHero, unterstützt.
Seine Erfahrungen teilt er regelmäßig auf seinem Blog (
www.bootstrapping.me), als Speaker (Heureka, TOA, PirateSummit) oder hält als Referent Seminare (Gruenderszene, TU Berlin, EBSpreneurship).
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