Priorisierungs-Interviews gehören zu den unterschätzten Werkzeugen im Produktmanagement. Viele Teams verlassen sich auf Bauchgefühl oder laute Stimmen, wenn es darum geht, welche Features zuerst entwickelt werden. So entstehen Roadmaps, die mehr Politik als Strategie widerspiegeln. Wer im Produktmanagement nachhaltig erfolgreich sein will, braucht eine klare Entscheidungslogik - und die beginnt mit strukturierten Priorisierungs-Interviews, die echte Prioritäten sichtbar machen.
Die Herausforderung ist bekannt: Stakeholder haben unterschiedliche Interessen, Kunden äußern widersprüchliche Wünsche, und das Entwicklungsteam hat begrenzte Kapazitäten. Ohne eine solide Interviewmethodik landen Teams schnell bei einer Feature-Liste, die niemanden wirklich zufriedenstellt. Priorisierungs-Interviews bieten einen Ausweg aus diesem Dilemma - vorausgesetzt, sie werden richtig durchgeführt.
Dieser Artikel zeigt fünf bewährte Methoden, mit denen Produktteams ihre Priorisierungs-Interviews auf ein neues Level heben. Von strukturierten Bewertungsverfahren bis hin zu datenbasiertem Arbeiten: Diese Ansätze helfen dabei, Produktentscheidungen zu treffen, die tatsächlich auf soliden Grundlagen basieren.
Bevor wir zu den Methoden kommen, lohnt sich ein Blick auf die typischen Fallstricke bei herkömmlichen Priorisierungsgesprächen. Viele Produktmanager führen Interviews, bei denen sie einfach fragen: "Was ist Ihnen am wichtigsten?" Die Antworten sind dann oft wenig aussagekräftig. Stakeholder nennen dabei häufig das, was ihnen gerade einfällt oder was sie zuletzt gehört haben. Das hat wenig mit tatsächlichen Prioritäten zu tun und viel mit dem Zeitpunkt des Gesprächs. PM-Interviews, die so ablaufen, produzieren inkonsistente Ergebnisse.
Hinzu kommt der soziale Druck. Wenn ein Senior-Stakeholder eine bestimmte Funktion bevorzugt, trauen sich andere selten zu widersprechen - selbst wenn sie anderer Meinung sind. Die Entscheidungsfindung wird dadurch verzerrt, und am Ende setzen sich nicht die besten Ideen durch, sondern die lautesten Stimmen.
Erschwerend kommt hinzu, dass abstrakte Fragen fast zwangsläufig zu abstrakten Antworten führen. Wer fragt "Wie wichtig ist Feature X auf einer Skala von 1 bis 10?", bekommt Zahlen ohne Kontext. Die objektive Bewertung bleibt auf der Strecke, weil niemand weiß, was eine "7" eigentlich bedeutet.
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Jetzt registrierenEine der wirksamsten Techniken für Priorisierungs-Interviews ist das Forced-Ranking. Statt Stakeholdern einzelne Features bewerten zu lassen, werden sie gebeten, eine vollständige Rangliste zu erstellen. Das zwingt zu echten Entscheidungen.
Die Logik dahinter ist einfach: Wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig. Beim Forced-Ranking kann nicht jedes Feature auf Platz 1 landen. Stakeholder müssen abwägen, vergleichen und sich festlegen. Das offenbart ihre wahren Prioritäten deutlich besser als isolierte Bewertungen.
So funktioniert die Umsetzung: Präsentieren Sie eine Liste von maximal 10-15 Features oder Initiativen. Bitten Sie jeden Interviewpartner, diese in eine Reihenfolge zu bringen - ohne Gleichstände. Die Anweisung lautet: "Wenn Sie nur ein Feature bekommen könnten, welches wäre es? Und wenn Sie ein zweites dazu bekommen könnten?"
Die Ergebnisse mehrerer Interviews lassen sich dann aggregieren und als klare Prioritäten im Backlog abbilden. Wo es große Übereinstimmung gibt, sind die Prioritäten klar. Wo die Rankings stark variieren, bedarf es weiterer Diskussion. Für agile Teams ist diese Methode besonders wertvoll, weil sie schnelle, vergleichbare Datenpunkte liefert.
Ein praktischer Tipp: Führen Sie die Ranking-Übung am Ende des Interviews durch, nachdem Sie die einzelnen Features besprochen haben. So haben alle Beteiligten den gleichen Informationsstand, und die Einordnung fällt fundierter aus.

Die zweite Methode für wirkungsvolle Priorisierungs-Interviews stammt aus der Marktforschung: die Kaufsimulation. Stakeholder erhalten ein virtuelles Budget und müssen entscheiden, wie sie es auf verschiedene Features verteilen.
Diese Technik macht abstrakte Präferenzen greifbar. Statt "Feature A ist mir sehr wichtig" zu sagen, muss der Stakeholder entscheiden: "Investiere ich 30 % meines Budgets in Feature A - oder lieber 20 % in A und 10% in Feature B?" Das führt zu differenzierteren und realistischeren Einschätzungen.
Für die Durchführung definieren Sie ein Budget von beispielsweise 100 Punkten. Jedes Feature hat einen "Preis", der grob den Entwicklungsaufwand widerspiegelt. Stakeholder kaufen dann die Features, die ihnen am meisten wert sind - bis das Budget aufgebraucht ist.
Die Produktstrategie profitiert enorm von diesem Ansatz. Die Ergebnisse zeigen nicht nur, was gewünscht wird, sondern auch, was Menschen bereit sind zu "bezahlen". Ein Feature, das alle wollen, aber niemand teuer kaufen würde, ist offensichtlich weniger kritisch als eines, für das Stakeholder hohe Budgetanteile investieren.
Besonders aufschlussreich: Beobachten Sie, welche Features zuerst gekauft werden und welche erst am Ende - wenn noch Budget übrig ist. Die Reihenfolge der Kaufentscheidungen verrät viel über die tatsächliche Dringlichkeit.
Abstrakte Prioritätenfragen liefern abstrakte Antworten. Szenario-basierte Fragen in Priorisierungs-Interviews hingegen verankern die Diskussion in konkreten Situationen und fördern durchdachte Antworten.
Der Ansatz: Statt "Wie wichtig ist eine bessere Suchfunktion?" fragen Sie: "Stellen Sie sich vor, ein neuer Mitarbeiter sucht zum ersten Mal ein bestimmtes Dokument. Beschreiben Sie, was passiert." Solche Szenarien aktivieren das praktische Wissen der Stakeholder und führen zu aussagekräftigen Einschätzungen.
Für die Roadmap-Planung sind szenario-basierte Interviews Gold wert. Sie decken Anwendungsfälle auf, an die niemand gedacht hat, und relativieren vermeintlich dringende Features, wenn sich herausstellt, dass das beschriebene Problem selten auftritt.
Gute Szenario-Fragen folgen einer Struktur: Kontext setzen, Handlung beschreiben, nach Konsequenzen fragen. Ein Beispiel: "Ein Kunde ruft an und beschwert sich über [Problem]. Was müsste unser Support-Team tun können, um das in unter fünf Minuten zu lösen?" Die Antworten liefern konkrete Anforderungen statt vager Wünsche.
Dieser Fragestil passt besonders gut zu datenbasiertem Arbeiten. Die beschriebenen Szenarien lassen sich oft mit tatsächlichen Nutzungsdaten abgleichen: Wie oft tritt die geschilderte Situation wirklich auf? Wie lange dauert der Prozess aktuell?
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Das Kano-Modell unterscheidet zwischen Basis-Anforderungen, Leistungs-Anforderungen und Begeisterungs-Faktoren. Diese Kategorisierung in Priorisierungs-Interviews einzubauen, liefert ein deutlich differenzierteres Bild.
Basis-Anforderungen sind Funktionen, die erwartet werden - ihr Fehlen frustriert, ihre Präsenz wird als selbstverständlich wahrgenommen. Leistungs-Anforderungen steigern die Zufriedenheit proportional zu ihrer Qualität. Begeisterungs-Faktoren überraschen positiv und können Loyalität erzeugen.
Die Interviewmethodik für Kano-Interviews ist spezifisch: Zu jedem Feature werden zwei Fragen gestellt. Erstens: "Wie würden Sie sich fühlen, wenn diese Funktion vorhanden wäre?" Zweitens: "Wie würden Sie sich fühlen, wenn diese Funktion nicht vorhanden wäre?" Die Kombination der Antworten zeigt, in welche Kategorie das Feature fällt.
Für Produktentscheidungen ist diese Kategorisierung wertvoll. Basis-Anforderungen müssen erfüllt werden - hier gibt es keine Diskussion. Bei Leistungs-Anforderungen lohnt sich die Investition in Qualität. Begeisterungs-Faktoren hingegen können strategisch eingesetzt werden, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
Die Datenkompetenz des Produktteams wird durch Kano-Interviews gestärkt. Statt subjektiver Einschätzungen entsteht eine systematische Klassifikation, die nachvollziehbar und wiederholbar ist.
Die fünfte Methode für präzise Priorisierungs-Interviews ist der paarweise Vergleich. Stakeholder werden gebeten, Features immer nur zu zweit gegeneinander abzuwägen: "Wenn Sie nur eines bekommen könnten - Feature A oder Feature B?"
Diese Methode eliminiert die Tendenz, alles als gleich wichtig einzustufen. Jede einzelne Entscheidung ist binär und einfach. Aus der Summe aller Vergleiche ergibt sich dann eine konsistente Rangfolge.
Der mathematische Hintergrund: Bei n Features gibt es n(n-1)/2 mögliche Paarvergleiche. Das kann schnell aufwendig werden. Praktisch hat sich bewährt, die Liste auf die wichtigsten 8-10 Kandidaten zu reduzieren oder nur eine Teilmenge der Vergleiche durchzuführen und die Ergebnisse hochzurechnen.
Die Priorisierung gelingt mit dieser Methode besonders gut, weil sie kognitive Verzerrungen reduziert. Menschen können relative Urteile ("A ist wichtiger als B") verlässlicher treffen als absolute ("A ist 7 von 10 wichtig"). Der paarweise Vergleich nutzt diese psychologische Eigenschaft.
Ein Hinweis aus der Praxis: Dokumentieren Sie nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Begründungen. Wenn jemand sagt: "Feature A schlägt Feature B, weil unsere größten Kunden explizit danach fragen", ist das wertvolle Information für spätere Diskussionen und hilft dabei, Entscheidungsgrundlagen systematisch zu dokumentieren.

Eine einzelne Methode liefert eine Perspektive. Mehrere Methoden kombiniert liefern ein Gesamtbild. Erfahrene Produktmanager setzen in ihren Priorisierungs-Interviews oft zwei oder drei Techniken ein und vergleichen die Ergebnisse.
Wo verschiedene Methoden zum gleichen Ergebnis kommen, sind die Prioritäten eindeutig. Wo sie divergieren, lohnt sich ein genauerer Blick. Vielleicht ist ein Feature wichtig, aber nicht dringend - oder umgekehrt. Die Diskrepanzen selbst sind aufschlussreich.
In der Praxis hat sich ein Ablauf bewährt, bei dem Sie zunächst mit szenario-basierten Fragen starten, um Kontext zu schaffen, anschließend eine Kaufsimulation durchführen, um relative Wichtigkeit zu erfassen, und zum Abschluss ein Forced-Ranking einsetzen, um eine klare Reihenfolge zu erhalten.
Für die objektive Bewertung ist dieser Multi-Methoden-Ansatz ideal. Keine einzelne Technik ist perfekt, aber die Kombination gleicht Schwächen aus und produziert Ergebnisse, auf die sich Teams verlassen können.
Priorisierungs-Interviews sind kein Selbstzweck. Der eigentliche Wert entsteht, wenn die gesammelten Erkenntnisse in konkrete Produktentscheidungen münden. Das erfordert einen klaren Prozess nach den Interviews.
Selbst mit den besten Methoden können Priorisierungs-Interviews schiefgehen. Einige Fehler tauchen immer wieder auf.
Die hier beschriebenen Methoden für Priorisierungs-Interviews funktionieren am besten, wenn sie durch geeignete Werkzeuge unterstützt werden. Das manuelle Zusammentragen von Interview-Ergebnissen ist fehleranfällig und zeitaufwendig.
Bitrix24 bietet Produktteams eine Plattform, auf der Interviews geplant, Ergebnisse dokumentiert und Prioritäten transparent gemacht werden können. Die integrierten Projektmanagement-Funktionen ermöglichen es, von der Interview-Phase nahtlos zur Umsetzung überzugehen. Priorisierte Features können in Aufgabenlisten oder Kanban-Boards abgebildet, mit Deadlines versehen und einzelnen Verantwortlichen zugeordnet werden – so wird aus der Prioritätenliste ein konkreter Umsetzungsplan. Gleichzeitig werden Interviewnotizen, Entscheidungsgrundlagen und Dateien in der integrierten Dokumentenverwaltung zentral abgelegt, versioniert und für alle Beteiligten nachvollziehbar gehalten.
Besonders wertvoll sind dabei die Kollaborationsfunktionen von Bitrix24, über die Stakeholder nahtlos in den Prozess eingebunden werden, ohne dass endlose E-Mail-Ketten entstehen. Kommentare, Abstimmungen und Diskussionen finden an einem Ort statt. Product Owner, Entwicklung, Vertrieb und Support arbeiten so mit demselben Informationsstand und sehen jederzeit, welche Entscheidungen warum getroffen wurden. Das spart Zeit und erhöht die Qualität der Entscheidungsfindung.
Geben Sie Ihre E-Mail-Adresse ein, um eine Anleitung herunterzuladen und mit einer beliebigen Projektmanagement-Software zu starten.
Echte Prioritäten in PM-Interviews erkennen Sie durch den Einsatz strukturierter Methoden wie Forced-Ranking oder Kaufsimulationen. Diese Techniken zwingen Stakeholder zu konkreten Entscheidungen statt zu vagen Aussagen. Achten Sie auf Konsistenz: Wenn jemand in verschiedenen Übungen ähnliche Prioritäten setzt, sind diese belastbar. Widersprüche hingegen deuten auf unklare oder situationsabhängige Präferenzen hin. Ein weiterer Indikator: Beobachten Sie die Reaktionszeit. Schnelle, sichere Antworten deuten auf gefestigte Prioritäten hin, während langes Zögern oft bedeutet, dass die Person selbst unsicher ist.
Methoden, die bessere Produktentscheidungen ermöglichen, umfassen Forced-Ranking für klare Reihenfolgen, Kaufsimulationen für realistische Bewertungen, szenario-basierte Fragen für Kontextverständnis, Kano-Modell-Interviews für Anforderungskategorisierung und paarweise Vergleiche für granulare Priorisierung. Die Kombination mehrerer Methoden liefert robustere Ergebnisse als der Einsatz einer einzelnen Technik. Wichtig ist, die Methode an den Kontext anzupassen: Für strategische Entscheidungen eignen sich Kano-Analysen, für kurzfristige Sprint-Planung sind paarweise Vergleiche oft effizienter.
Entscheidungsqualität in der Praxis messen Sie, indem Sie die Outcomes Ihrer Prioritätsentscheidungen verfolgen. Vergleichen Sie die prognostizierte Wirkung eines Features mit der tatsächlichen Nutzung nach Release. Dokumentieren Sie, wie oft Prioritäten nachträglich geändert werden mussten. Sammeln Sie Feedback von Stakeholdern zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Prozesses. Diese Indikatoren zeigen, ob Ihre Interview-Methoden valide Ergebnisse liefern. Führen Sie nach jedem größeren Release eine Retrospektive durch, in der Sie die ursprünglichen Prioritäten mit den erreichten Ergebnissen abgleichen - so lernt das gesamte Team kontinuierlich dazu.
Datengetriebene Produktentscheidungen bauen Sie auf, indem Sie qualitative Interview-Ergebnisse systematisch mit quantitativen Daten verknüpfen. Kombinieren Sie Stakeholder-Prioritäten mit Nutzungsstatistiken, Kundenfeedback und Marktdaten. Nutzen Sie ein zentrales System wie Bitrix24, um alle relevanten Informationen zu sammeln und zugänglich zu machen. Etablieren Sie einen wiederkehrenden Prozess, bei dem Daten regelmäßig in Priorisierungsentscheidungen einfließen. Der Schlüssel liegt in der Dokumentation: Halten Sie fest, welche Daten zu welcher Entscheidung geführt haben. So können Sie später nachvollziehen, welche Datenquellen die zuverlässigsten Prognosen liefern.
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